Aufschlussverfahren für Holzreste gesucht

Lignocellulose (LC) aus Holz und Einjahrespflanzen ist der am häufigsten auftretende nachwachsende Rohstoff der Erde. LC-haltige Rohstoffe werden für die Papier- und Werkstoffherstellung sowie für die Gewinnung stofflicher Komponenten für Treibstoffe, Kunststoffe und Grundbausteine der chemischen Industrie eingesetzt, so das Institut für Holztechnologie Dresden. Weiterhin werden beträchtliche LC-Mengen energetisch verwertet, obwohl gesetzliche Vorgaben eine Priorisierung der stofflichen Verwertung fordern. LC-haltige Rest- und Abfallstoffe fallen u. a. in der Holz- und Forstwirtschaft und in der Landwirtschaft an. Bevorzugte Ausgangsstoffe für die Herstellung von Biokraftstoffen und hochwertigen Plattformchemikalien sind heute Agrarreststoffe von Einjahrespflanzen, wie Getreidestroh. Für diese Biomasse-Rohstoffe wurden bereits spezifische Bioraffineriekonzepte und Prozessabläufe entwickelt, die am Markt etabliert sind. Holzreststoffe, z. B. Holz minderer Qualität, Landschaftspflegeholz oder Altholz, werden derzeit in geringem Umfang für die Papier- und Werkstoffherstellung genutzt. Der größte Teil der Holzreststoffe wird jedoch nicht stofflich verwertet. Maßgebliche Ursache ist die unzureichende Effizienz, Umweltverträglichkeit und Wirtschaftlichkeit verfügbarer Holzaufschluss- und Hydrolyseverfahren. Verfügbare Verfahren zum Holzaufschluss und zur Vorhydrolyse von Holz basieren vorrangig auf chemischen Prozessen mit konzentrierten Säuren, Laugen oder organischen Lösungsmitteln sowie hohen Temperaturen und Drücken und sind heute zum Teil nicht mehr wirtschaftlich. Als Alternativen stehen forschungsseitig die Steam Explosion (SE), die CO2-Explosion sowie eine Behandlung mit Wasserstoffperoxid im Fokus. Obwohl die umfangreichsten Untersuchungen bisher mit dem SE-Verfahren erfolgten, wurde jedoch noch keine industrielle Applikation an Holz realisiert. Die Lösung der technischen und wissenschaftlichen Probleme erfordert zunächst grundlegende experimentelle Untersuchungen an Modellrohstoffen.

Ziel des vor kurzem gestarteten Projektes ist die „Stoffstromanalyse und Modellierung des Steam-Explosion-Prozesses zum Aufschluss von Lignocellulose als Grundlage für Bioraffinerieapplikationen“. Grundlagen bilden die vollständige Erfassung aller festen, flüssigen und gasförmigen Stoffströme sowie Untersuchungen zum Einfluss verschiedener Rohstoff- und Prozessparameter auf die quantitative und qualitative Zusammensetzung der Aufschlussprodukte. Letzteres erfolgt unter Einbeziehung bisher wenig untersuchter, für Bioraffinerie-Applikationen jedoch maßgeblicher Produkteigenschaften, insbesondere dem Separierungsgrad von Lignin- und Cellulosekomponenten sowie der Cellulosekristallinität. Entsprechende qualitative und quantitative Analysemethoden werden entwickelt. Weiterhin wird eine Intensivierung des quasikontinuierlichen SE-Aufschlusses durch neue Ansätze in der Prozessführung und apparative Modifizierungen angestrebt.

Nach erfolgreichem Projektabschluss kann das erarbeitete Modell zur endproduktorientierten SE-Steuerung mit geringem Versuchs- und Optimierungsaufwand für spezifische Ausgangsstoffe und Produktanforderungen adaptiert werden. Dadurch wird eine schnelle und kostensparende Integration von SE-Aufschlussprozessen in verschiedene Verfahren zur ganzheitlichen stofflichen Verwertung von Holz und Holzreststoffen zur Produktion von Basis-Chemikalien und Kraftstoffen ermöglicht. Entsprechende Applikationen sollen im Rahmen anwendungsorientierter Folgeprojekte bzw. Industrieforschungsvorhaben mit Industriepartnern realisiert werden.

Das Projekt wird gefördert vom Bundesministerium für Wirtschaft und Energie im Rahmen der vorwettbewerblichen Forschung für den Mittelstand über das Innovationsförderprogramm INNO-KOM. Projektträger ist Euro-Norm GmbH.