Anlässlich der erneut vertagten Kabinettsdebatte zum sogenannten Lieferkettengesetz kommentiert Denny Ohnesorge, Hauptgeschäftsführer des Hauptverbandes der Deutschen Holzindustrie HDH, die aktuelle Diskussion. Vor dem Hintergrund der derzeitigen wirtschaftlichen Krise würde ein nationales Lieferkettengesetz in seiner jetzigen Form für viele Unternehmen immense bürokratische und finanzielle Belastungen bedeuten – ein gemeinsamer europäischer Weg wäre die bessere Lösung. „Für die Deutsche Holzindustrie sind die Einhaltung von Menschenrechten und die verantwortungsvolle Gestaltung ihrer globalen Lieferketten selbstverständlich“, sagt Ohnesorge.
Aber die kleinteiligen Strukturen globaler Lieferketten seien naturgemäß nicht lückenlos einzusehen – das gehe an der Praxis vorbei und könne nicht einmal vom Staat selbst geleistet werden. „Es ist schlicht unmöglich, deutsche Standards entlang der gesamten Lieferkette zu garantieren und sämtliche Lieferanten und Unterlieferanten rund um den Globus zu kontrollieren“, so Ohnesorge weiter. Trotzdem könnten hiesige Unternehmen für ausländische Geschäftspartner, die wiederum eigenen Standards unterliegen, zukünftig zivilrechtlich haften. Die Regierung sollte die geplanten Anforderungen daher auf konkret überprüfbare Zulieferer und direkte Vertragspartner begrenzen.
Schwammige Kriterien
Das Gesetzesvorhaben sorgt angesichts seiner schwammigen Kriterien für Unsicherheit in den Unternehmen und wirft viele Fragen auf. Was sind beispielsweise ‚angemessene Maßnahmen zur Prävention und Abhilfe‘, wie es in einem ersten Entwurf für das Gesetz heißt? Es bleibt an vielen Stellen unklar, wer für was haften soll. Sollte das Gesetz in dieser Form dennoch verabschiedet werden, drohe ein Bumerang-Effekt mit unbekannten Nebenwirkungen, ist der HDH überzeugt. Denn obgleich das Gesetz erst ab einer gewissen Mitarbeiteranzahl gelten soll, müssten die Unternehmen, um sich selber zu schützen, ihre Standards weitergeben. Da dies von kleinen und mittleren Unternehmen nicht geleistet werden könne, könnten Unternehmen im Zweifelsfall auf die Zusammenarbeit verzichten. Statt dass die Mitarbeiter in einer Region weiterhin von der Zusammenarbeit profitieren, besteht die Gefahr, dass sich die Lage der Arbeiter letztlich möglicherweise verschlimmert, anstatt verbessert.
Wettbewerbsgleichheit gefordert
Die Deutsche Holzindustrie plädiert anstatt einer nationalen für eine europäische Lösung. Deutschland sollte seinen Einfluss auf europäischer Ebene geltend machen und die EU-Ratspräsidentschaft nutzen, um bereits bestehende Berichtspflichten der Unternehmen auf EU-Ebene für alle gleichermaßen zu ergänzen. Anstelle der Mitarbeiteranzahl sollte hier die Höhe des Umsatzes als Bemessungsgrundlage dienen. „Ein europaweites Lieferkettengesetz für alle Marktteilnehmer würde die Wettbewerbsgleichheit für die Unternehmen sichern und zugleich dauerhafte Planungssicherheit garantieren“, so Ohnesorge.